On The Warrior’s Path

On The Warrior’s Path

Daniele Bolelli ist ein Mann mit vielen Talenten. Er ist Universitätsprofessor, Podcaster (Drunken Taoist Podcast & History on Fire), Kampfkünstler und Buchautor. Im Drunken Taoist Podcast unterhält er sich mit seinem Freund Rich Evirs (und manchmal auch mit Gästen) über Gott und die Welt, Politik, Religion, Philosophie uvm.

Im History on Fire Podcast erzählt er alleine über das Leben von Menschen, die entweder Großes schufen oder unglaublichen Hindernissen widerstehen mussten. Sei es Theodore Roosevelt, Crazy Horse, Jack Johnson, die Germanen gegen die Römer oder Caravaggio… wer Geschichte mag und sich gerne von echten Persönlichkeiten inspirieren lässt, wird von seinen Erzählungen begeistert sein. Für Kampfkunst- und Japan-Fans empfehle ich besonders seine Episoden über Jigoro Kano, die 47 Ronin, den Zen-Mönch Ikkyu Sojun und Bruce Lee!

Als Kampfkünstler begann er in den chinesischen Kung-Fu-Stilen, wechselte später, seiner eigenen Worte nach, zu „praktischeren“ Kampfarten wie MMA und Boxen und ist nun beim BJJ angekommen.

Dieser Mann ist ein Vorbild für mich, weil er den wilden Forscher repräsentiert, der ich auch sein möchte: Jemand, der seine Ideale lebt und gleichzeitig die Welt realistisch und Nüchtern betrachtet… jemand, der sich von herausragenden Personen inspirieren lässt, aber dennoch mit solchen Dingen wie Depressionen und Ängsten zu arbeiten hat. Ein echter Mensch, der das Leben lebt und nicht an sich vorbei schweifen lässt.

Nun, ich war schon lange Fan, noch bevor ich sein erstes Buch kaufte. Ich bin also sehr voreingenommen. Dennoch lese ich Bücher eher kritisch, egal ob Fan oder nicht.

On the Warrior’s Path ist das erste Buch, das Bolelli geschrieben hat. Danach folgten Create Your Own Religion, 50 Things You’re Not Supposed To Know: Religion und Not Afraid.

Das Buch ist thematisch grob in zwei Teile eingeteilt. Im ersten Teil (Kapitel 1-8) beschäftigt sich der Autor mit der Philosophie der Kampfkünste und ihrem Einsatz im Alltagsleben. Dabei behandelt er Themen wie den menschlichen Körper als Tempel, die Veränderung des Bewusstseins durch die Kampfkünste, das Yin und das Yang, Archetypen, Mythos, Spiritualität uvm.

„Die Macht eines Kriegers, um in einem Konflikt dominieren zu können, ist die beste Garantie zur Vermeidung des Konfliktes. Um in Frieden leben zu können, muss einer die Kraft besitzen einen Krieg zu gewinnen. Es ist keine Formel, die leicht anzuwenden wäre und auch keine Technik, die erlernt werden kann. Es ist das, was andere Menschen sehen, wenn sie in deine Augen schauen. Es ist die Energie, die um deine Haut herum tänzelt. Es ist die Person, die du beschlossen hast zu werden.“ (S. 45)

Danieles Vater, Franco Bolelli, war Philosoph und Buchautor, sein Sohn hat viel von seinem Talent geerbt. Seine Philosophien gehen fließend in einander über und finden stets einen direkten Bezug zu den Kampfkünsten.


 

Den zweiten Teil (Kapitel 9-13) widmet Daniele der Praxis und erklärt zunächst die Unterschiede zwischen den verschiedenen Kampfkunstarten wie „innere“ Künste, Waffenkampfkünste, Kampfsportarten, Selbstverteidigung usw. Dann geht er auf die Philosophie des Jeet Kune Do ein. In Kapitel 10 wird die Geschichte der Mixed Martial Arts (MMA) beschrieben, wobei die Geschichte selbst, insbesondere die fragwürdige Inszenierung durch die Gracies, weniger zur Geltung kommt. Viel mehr geht der Autor auf die Reaktionen ein, unter anderem auf die des damals noch lebenden und aktiven Senatoren John McCain, aufgrund dessen Voreingenommenheit und Bildungsmangel die Durchführung von MMA eine Zeit lang gesetzlich verboten wurde. Letzteres erzwang aber auch die nötige Einführung von einigen ersten Regeln, die sich mit der Zeit häuften, darunter leider auch welche, die nicht wirklich dem Schutz der Kämpfer dienen, sondern mehr einem Imageerhalt und den Kämpfern sogar mehr schaden (die Pflicht Handschuhe zu tragen).

In diese Kurzfassung der MMA-Geschichte baut Daniele gerne seine eigenen Kommentare und Schlussfolgerungen ein, was das Lesen zu einem wahren Vergnügen macht. In dem gleichen Kapitel erklärt er, warum seiner Meinung nach MMA nicht wegzudenken wäre und warum es eine sehr respektable Sportart ist. Und ich muss sagen, dass ich, obwohl ich selber keine Kämpfe schaue, nach diesem Buch und auch aufgrund anderer Einflüsse (Joe Rogan, Aubrey Marcus, Matthew Polly) viel Achtung vor den Kämpfern habe. Sie haben etwas, was mir fehlt und was ich gerne hätte. Ich würde mich wohl nicht trauen in ein Oktagon zu steigen, obwohl ein Teil von mir danach durstet. Wonach dieser Teil nicht durstet, sind die Verletzungen und potentielle Schädeltraumata und das hält mich davon ab. Die Entschlossenheit vieler der besten Kämpfer ist nichts verrücktes und dummes, sondern oftmals eine klar abgewogene, durchdachte und, entgegen der Angst, bewusst gewählte Entscheidung. Sie sind wahre Krieger in ihrer Bestform und das will Daniele mit diesem Buch vermitteln.

„[Das Oktagon] wäre vielleicht nicht Buddhas Lieblingsort zum Abhängen gewesen, aber ich würde die Wahrscheinlichkeit nicht ausschließen ihn dort vorfinden zu können. Schließlich war der gute Mann viel weniger diskriminierend, als die meisten ’spirituellen‘ Menschen es zu denken vermögen.“ (S. 152)

Im Großen und Ganzen ist das Buch sehr leicht lesbar und verständlich. Auf den 215 Seiten findet man kein einziges Bild und keine zu großen leeren Stellen, also keine Platzfüller, sondern nur gut strukturierten Text. Gelegentlich findet man am Anfang eines Kapitels das ein oder andere Zitat von Bruce Lee, Friedrich Nietzsche, T. D. Suzuki oder Alan Watts, aber die passen gut zum Inhalt und sind mehr als Schmuckelemente. Der Inhalt ist teilweise ein Kommentar und teilweise werden historische Fakten aufgezeigt, was das Buch zu einer guten Quelle für wissenschaftliche Arbeiten macht (ich weiß, weil ich es für meine Bachelor-Arbeit genutzt hatte). Auch gibt es am Ende eines jeden Kapitels Quellenangaben.

Einerseits trennt der Autor die philosophisch-romantischen Vorstellungen in den Kampfkünsten von dem relativen Realismus des Oktagons, andererseits versucht er beides zu verbinden und den Wert sowie die nötige Zusammenarbeit beider Seiten aufzuzeigen. Das ist typisch Daniele und sein taoistisches Denkmuster. Entweder man liebt es oder man findet es einfach nur gut. Eine klare Leseempfehlung, auch wenn es das Buch nur auf englisch gibt.


* Die Erlaubnis das Buchcover verwenden zu dürfen, wurde mir freundlicherweise vom Autor erteilt. Bitte nicht ohne Erlaubnis verwenden.